Bei meiner Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, ganz gleich ob in Schule, Kita oder Ferienkursen, sind oft diejenigen in der Erinnerung besonders präsent, die allgemein als "schwierig im Umgang", als "Störfaktor im Unterricht" oder sogar als "nicht beschulbar" eingeordnet werden. Oft gibt es auch schon eine ´Diagnose´ wie ADHS, ADS, ASS ... oder zumindest die fordernde Empfehlung von Kita und Schule, eine Diagnostik in die Wege zu leiten, denn das Kind sei auffällig. Doch egal wie viele Schubladen wir noch benennen - und nichts anderes sind sie letztlich - um den Besonderheiten der Kinder einen Namen zu geben,
ES LIEGT NIEMALS IN DER VERANTWORTUNG DES KINDES anders zu sein. Anders, als die Eltern sich das vielleicht wünschen. Anders, als es das Schulsystem fordert. Anders als andere Kinder. Anders, als unsere Gesellschaft mit all ihren Normen und Werten sich ein ´gutes´ Kind vorstellt. Ja, auch ich registriere eine deutliche Zunahme ungünstiger Verhaltensweisen und Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Ich finde es besorgniserregend, doch vielmehr noch macht es mich traurig. Doch es motiviert mich auch. Es motiviert mich, genau diese Kinder noch besser unterstützen zu können und im Ergebnis damit auch allen anderen Kindern und den Eltern zu helfen. Denn es leidet in der Regel nicht nur das Kind selbst, sondern das gesamte Umfeld. Medikamente und verschiedene Therapieformen können helfen, doch sie reduzieren oft nur die Symptome. Die eigentliche Ursache, die Wurzel des ´Problems´ bleibt davon meist unberührt. Und auch meine Herangehensweise , die Kinder zu stärken, sie zu sehen, in Verbindung zu gehen, um dann auf kognitiver Ebene mit ihnen zu arbeiten ist kein Allheilmittel. Am Ende sind es meist viele Puzzleteile gemeinsam, die zu einer messbaren Verbesserung führen. Ich hatte lange Zeit nach einem Tool gesucht, um die körperliche Ebene stärker mit einzubeziehen um den Fokus wegzulenken von diesem für Kinder so schmerzhaften Etikett "mir dir stimmt was nicht - du bist falsch so wie du bist"
Das Reflexintegrationstraining ist genau dieses Puzzleteil, wonach ich gesucht hatte, um meinem Methodenkoffer sinnvoll zu ergänzen. Das Geniale daran ist auch, dass es für nahezu jedes Kind ein wertvoller Baustein für psychisches und körperliches Wohlbefinden und mentale Stärke ist. Prävention statt Therapie sollte hier viel mehr in den Fokus rücken. Dazu braucht es jedoch auch Eltern und Erzieher / Betreuer, die hinschauen, die sicher echte Veränderung wünschen und bereits sind, auch selbst Teil dieser Veränderung zu sein.
Manuela
Reflexintegrationstrainerin nach RIT
Frühkindliche Reflexe (Urreflexe oder auch Primitive Reflexe) entwickeln sich bereits vor der Geburt im Mutterleib. Sie sind genetisch 'vorprogrammiert´ könnte man sagen. Diese Reflexmuster werden vom Stammhirn gesteuert. Es sind automatische Bewegungen und Bewegungsabläufe, die anfangs die Lebensfähigkeit des Fötus und dann die Überlebensfähigkeit des neugeborenen Babys sichert.
Diese frühkindlichen Reflexe steuern die motorische Aktivität des Fötus und des Neugeborenen und sie müssen gehemmt und integriert werden, sobald sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Nur so so kann sich die Motorik des Kindes optimal entwickeln. Normalerweise erfolgt die Hemmung bzw. Integration der frühkindlichen Reflexe von allein, in dem das Kind durch rhythmische Bewegungen die Muster der verschiedenen Reflexe wiederholt.
Durch Eingriffe bzw. Störung der vorgesehenen Entwicklung des Kindes kann es dazu kommen, dass die Hemmung oder Integration der frühkindlichen Reflexe sich nicht vollständig vollzieht.
Sowohl während der Schwangerschaft, unter der Geburt aber auch während der ersten Monate nach der Geburt kann es zu einer solchen Störungen / Eingriffen kommen. Ursächlich für die nicht-optimale Entwicklung bzw. Hemmung frühkindlicher Reflexe können z.B. sein:
Weder die Eltern noch die beteiligten Ärzte treffen ihre Entscheidungen aus Unwissenheit oder mit dem Wissen, dem Kind Schaden zufügen zu wollen. Im Gegenteil rettet der medizinische Fortschritt unserer Zeit viele Kinderleben. Auch die pränatale Früherkennung die Risikominimierung von Gefahren während der Schwangerschaft und die Linderung von Beschwerden sind wertvolle Ressourcen. Und dennoch hat dieser Fortschritt manchmal auch negative Auswirkungen auf die gesunde, ideale Entwicklung des Kindes, die billigend in Kauf genommen werden von der modernen Medizin.
In den ersten Monaten nach der Geburt sind es primär die Eltern oder andere Bezugspersonen, die für eine gesunde Entwicklung des Kindes verantwortlich sind.
Nach der Theorie des dreigliedrigen Gehirns (Paul McLean) sind in unserem Gehirn für Emotionen, Motorik und kognitive Funktionen verschiedene Schichten des Gehirns verantwortlich. Diese Bereiche sind beim Neugeborenen bereits vorhanden, jedoch noch nicht vollständig entwickelt und noch nicht miteinander vernetzt. Diese Entwicklung vollzieht sich normalerwiese während der ersten 12 Lebensmonate. Dabei geht die Motorische Entwicklung voran und stimuliert auf diese Weise das Gehirn sich zu entwickeln und zu reifen und die unterschiedlichen Ebenen des Gehirns miteinander zu verbinden.
Dafür braucht nun das kindliche Gehirn ganz viel Anregung und Sinneseindrücke, damit die Nervenzellen sich verzweigen können. Besonders wichtig ist die Stimulation der Sinnessorgane für Gleichgewicht, Berührung und Bewegung. Diese Stimulation erfolgt zum einen durch die Eltern (Berührung und Wiegen). Ebenso wichtig sind die spontan und selbständig ausgeführten rhythmischen Bewegungen des Kindes. Wer Babys im ersten Lebensjahr beobachten konnte, hat dazu sofort ein Bild vor Augen.
Gibt es im ersten Lebensjahr Bewegungseinschränkungen, oder lässt das Kind wichtige Entwicklungsschritte (z.B. krabbeln) aus oder wird das Kind zu früh und häufig aufgesetzt (Wipper), wird die Gehirnentwicklung ebenso verzögert und behindert wie durch mangelnde Sinnenreize.
Die Entwicklung bzw. Integration der frühkindlichen Reflexe wird also gestört und es bleiben zuweilen Restmuster einiger Reflexe aktiv. Diese sogenannten persistierenden Reflexe können jederzeit ausgelöst werden und verursachen dann nicht kontrollierbare Muskelreaktionen beim Kind. Es zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten und Schulprobleme, die ohne diese restaktiven Reflexe nicht auftreten würden. Dies ist ein Zeichen neuronaler Unreife, also fehlender Nervenverknüpfungen im Gehirn.
Die gute Nachricht ist: UNSER GEHIRN IST EIN MUSKEL. Und Muskeln kann man trainieren. Es ist also möglich, die mangelnde Gehirnaktivität im Säuglingsalter später nachzuholen - sogar bis ins hohe Alter. Und genau das setzen die Übungen der Reflexintegration an, angelehnt an die spontanen rhytmischen Bewegungen eines Babys. Das Gehirn mit all seinen neuronalen Strukturen und Nervenverknüpfungen kann nachreifen. Fehlentwicklungen und Defizite können behoben werden.
Erkennst du dein Kind in einem oder mehreren Punkten wieder? Dann füll doch gern einfach mal den Fragebogen zur Ermittlung restaktiver frühkindlicher Reflexe aus. Das Ergebnis ist sicher nicht in Stein gemeißelt, aber es gibt dir / uns einen guten Hinweis, ob das Reflexintegrationstraining für Euch, für dein Kind, ein sinnvolle und lohnenswerte Investition sein könnte. Ja, du investierst Zeit und Geld, und ja es erfordert ein bisschen Disziplin und Durchhaltevermögen. Doch du investierst vor allem in Glück, Zufriedenheit und die mentale Gesundheit deines Kindes.
Hierbei handelt es sich um ein entwicklungsförderndes, klar strukturiertes, individuelles Bewegungstraining, das dazu führt, dass die teilweise noch fehlende Hemmung der frühkindlichen Reflexe nachgeholt wird. Solange diese Restaktivitäten nicht behoben sind, lösen bestimmte Reize oder Bewegungsmuster immer wieder unwillentliche Bewegungsreaktionen beim Kind aus. Da Reflexe, sobald sie aktiviert sind, stets die Kontrolle übernehmen, behindern sie das Kind in seiner Motorik, rauben ihm einen Teil seiner Energie, Konzentration und Aufmerksamkeit. Auch Handlungsabläufe werden gestört und angemessene Bewegungen können nicht stattfinden. Da sich dies alles in verschiedenen Situationen gegenseitig bedingt, ist das Kind gewissermaßen wie in einer Zwickmühle.
Wenn Kinder zum Reflexintegrationstraining kommen, geht es nicht darum, die Störfaktoren im Einzelnen zu suchen oder einen Schuldigen ausfindig zu machen. Den gibt es sowieso nicht. Kein Mensch verursacht absichtlich Störungen, um seinem Kind in seiner Entwicklung Steine in den Weg zu legen. Tatsächlich geht es darum, die entstandenen Lücken im genetisch festgelegten Entwicklungsablauf zu entdecken und gemeinsam zu schließen. Durch das RIT-Training werden die Entwicklungslücken im Reifungsprozess des Kindes beseitigt. Der Stein, der die Blockade für das Lernen darstellt oder für die Auffälligkeiten im Verhalten verantwortlich ist, wird aus dem Weg gerollt, so dass Lernen nun möglich ist. Die gesamte Energie des Kindes steht ihm nun zur Verfügung, seine Aufmerksamkeit und Konzentration sind gesteigert. Um einen effizienten und dauerhaften Erfolg zu sichern, bekommt das Kind ein jeweils auf den entsprechenden Reflex zugeschnittenes Übungsprogramm für zuhause.
(Claudia Hannemann, RIT-Mastertrainierin)
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